Morgen gestern und vorgestern #3 - Switch - unendlich viele Welten.


1987 startete im US Fernsehen die Zukunft der Zukunft. Eine neue Star-Trek-Serie mit einer neuen Crew sollte die alte Garde ablösen. Das ist der Beginn langjährigen Abenteuer für den britischsten aller Franzosen und seine Besatzung. Star Trek - The next Generation wird nicht nur sieben Jahre überdauern, es werden auch vier Kinofilme produziert werden. Außerdem wird die Geschichte des Captains Jean-Luc Picard in der Serie fortgesetzt, die seinen Namen trägt. 


Grundsätzlich werden im Laufe des Franchises die Zeitreisen immer diffuser und unverständlicher. Wir kamen letzte Woche zu dem Schluss, dass der Verlauf der Zeit in der originalen Serie weitgehend dynamisch war: die Geschichte kann verändert werden, wenn wichtige Ereignis (nicht) stattfinden. 


Multiversum


In der Folge Yesterday’s Enterprise (Die alte Enterprise) wird die Enterprise-C durch eine temporale Anomalie in eine Zukunft transportiert, in der die Föderation sich im Krieg gegen das klingonische Reich befindet. Erst wenn das Schiff in seine Zeit zurückkehrt, wird die uns bekannte Zeitlinie wieder hergestellt. Die ganze Episode spielt alle so in einer alternativen Realität.


Erstaunlicherweise ändert sich die Timeline bei der Ankunft der Enterprise ins 24. Jahrhundert und nicht beim Verlassen ihrer Zeit. Es ergibt meiner Meinung nach keinen Sinn, dass die Folge in der üblichen Realität anfängt, es sei denn wir befinden uns in einem Multiversum. Wenn die zwei Wirklichkeiten parallel zueinander verlaufen, können wir den Wechsel so interpretiert, dass der Zuschauer zwischen den Dimensionen switcht. Das würde auch ein Stück weit Guinans besondere Fähigkeiten erklären. Wahrscheinlich ist die Barkeeperin empfänglich für die Vibes der unmittelbaren Paralleluniversen.


Durch Folge wie Parallels (Parallelen) wissen wir, dass es viele alternative Realitäten gibt, und in der Episode We‘ll always have Paris (Begegnung mit der Vergangenheit) wird explizit erklärt, dass diese verschiedene Dimensionen durch den Faktor Zeit verbunden werden.


Paul (Manheim) has always been interested in time. He’s never believed that it was immutable any more than space is immutable. Over the last decade he came to believe that we reside in one of infinite dimensions and what hold us here is the constancy of time. Change that and it would be  what he called opening the window to those other dimensions.” (Jenice Manheim)


Q


Zeitreisen sind für die Betroffenen immer ärgerlich, und oft ist Q für den Ärger an Bord verantwortlich. In Tapestry (Willkomen im Leben nach dem Tod) versetzt das göttliche Wesen Picard in die Vergangenheit, damit er sich an einem Wendepunkt seines Lebens anders entscheiden kann. So erfährt der Captain am eigenen Leib, wie seine Karriere verlaufen wäre, wenn er nicht von einem Nausikaner erstochen worden wäre.


Auch hier bekommt der Zuschauer einen Einblick in zwei klar definierten Zeitlinien. Picard erschafft eine neue Zeitlinie, indem er sich in der Vergangenheit umentscheidet. Die Macht von Q besteht in diesem konkreten Fall darin, die Grenzen zwischen den verschiedenen Realitäten zu überwinden.


Etwas Ähnliches geschieht im Serienfinale All good things (Gestern, heute, morgen). Durch Q wird Picard in verschiedene Zeitperioden versetzt, um eine Anomalie zu bekämpfen, die die Entstehung des Lebens in der Galaxie bedroht. Interessanterweise haben Änderungen in der Vergangenheit keine Auswirkung auf die Gegenwart oder die Zukunft. Picard springt also nicht nur von einer Zeitperiode zu einer anderen, sondern auch von einer Realität in einer anderen. 


Dagegen spricht, dass die Anomalie von der U.S.S. Pasteur in Picards Zukunft verursacht wurde und sich von da an rückwärts durch die Zeit entwickelt. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass Q das gleiche Spiel in verschiedene Zeitlinie veranstaltet, und dass dasselbe Phänomen in den drei Realitäten entstanden ist, die Picard besucht.


Time‘s Arrow.


Bisher schien es fast so, als wolle uns Star Trek - The next Generation ein Multiversum präsentieren. Dann kam der Zweiteiler Time‘s Arrow (Gefahr aus dem 19. Jahrhundert). Datas Kopf wird in einer Höhle auf der Erde gefunden, wo er 500 Jahre gelegen haben soll. Daraus schließt die Crew der Enterprise, dass Data irgendwann in die Vergangenheit reisen und dort sterben wird. Die Zeitreise ist vorherbestimmt, was auf Prädeterminismus hindeutet. Dies widerspricht alles, was zuvor in Star Trek gezeigt wurde, abgesehen von Yesteryear in der animated Serie.


Fazit


Es wäre schön, wenn es in der Star-Trek-Bibel ein Kapitel über Zeitreise gegeben hätte, an den alle Star-Trek-Autoren hätten sich orientieren können. Es scheint eher so gewesen zu sein, dass jede Zeitreise-Episode physikalische Gesetze etabliert, die nachher vergessen werden. Die Schreiber schaffen sich die für die jeweiligen Geschichten nötige temporale Mechanik. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Die einzelnen Folgen stehen für sich und sind in der Regel großartig. Es ist nur enttäuschend für uns Nerds, die die 55-jährige Geschichte als Ganzes betrachten. Zur Entlastung der Autoren müssen wir aber festhalten, dass damals keine(r) ahnen konnte, dass irgendjemand irgendwann so etwas tun würde. 


Nächsten #SciFreitag widme ich mich den Zeitreisen der Serie Deep Space Nine. Ich bin gespannt, ob es größtenteils konsequent bleibt, oder ob der pure Chaos ausbricht. 


Was denkt ihr? 


Sind meine Gedankengänge nachvollziehbar, oder brummt euch schon der Schädel? Habt ihr eigene Theorien, was Zeitreisen in Star Trek angeht. Dann schreibt es, entweder hier unten als Kommentar, oder auf Twitter (@fyStories). Ich bin auch per Mail erreichbar unter die Adresse julien.dregor@gmail.com. 


Bis bald.


Morgen, gestern und vorgestern #1


Morgen, gestern und vorgestern #2

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