Zur Schule im Star Trek Universum

 Die Schule auf der Enterprise-D


Im Gegensatz zu ihren Vorgänger ist die Enterprise NCC-1701D ein familienfreundlicher Arbeitsplatz. Ganze Familien werden an Bord geholt, ungeachtet von den Gefahren, die hinter jedem zweiten Mond lauern. Kinder wollen aber ausgebildet und unterrichtet werden, weswegen es auch eine Schule gibt. Die Serie schert uns nur wenige Einblicke in dem Bildungsalltag. Trotzdem können wir anhand dieser Szenen schon einige Schlüsse ziehen. 


Die Anmeldung


Bevor Alexander Rozhenko, Sohn von Worf, die Schule der Enterprise besuchen darf, soll sein Vater ihn erst mal bei der Lehrerin anmelden. Ein informeller Erstkontakt zwischen Kind und Pädagoge ist durchaus sinnvoll und Miss Kyle agiert souverän in ihrer Lehrerinnenrolle. Nebenbei erwähnt sie, dass sie seine Akte bei seiner alten Schule anfordern wird. Miss Kyles Professionalität und solche interne Austäusche deuten auf eine Art Schulamt innerhalb der Föderation hin, die für gewisse Standards in den Bildungseinrichtungen sorgen. Warum sein Einfluss nicht bis Deep Space Nine reicht, bleibt ungeklärt, aber dazu später mehr.


Die digitale Ausstattung des Klassenraums


Die Schülerinnen und Schüler auf der Enterprise haben zwar keinen eigenen Computer, dafür aber stets Zugang zu interaktiven Konsolen, auf die anscheinend nur Baby-Apps vorinstalliert sind. Ein Fisch, der stark an Karl Klammer erinnert, hilft bei der Bedienung der Programme. In der Folge Erwachsene Kinder möchte der zum Kind geschrumpfte Captain Picard von einem Schulcomputer ein Schiffsdiagramm angezeigt bekommen. Das Interface versteht ihn nicht, und Guinan muss in Kindersprache übersetzen: Computer, kann ich bitte ein Bild vom Inneren der Enterprise sehen?

Dass ein solcher Computer sich so ausdrückst, dass auch kleine Kinder mit ihm kommunizieren können, ist klar. Es leuchtet mir jedoch nicht ein, dass er ausschließlich Kindersprache versteht. Es könnte aber auch sein, dass der Computer aus erzieherischen Gründen nur reagiert, wenn man ihn höflich anspricht. In diesem Fall hätte es gereicht, wenn Picard Bitte gesagt hätte. 


Das Schiff der besonderen Kinder


Die Schule auf der Enterprise scheint einen musikalisch-künstlerischen Schwerpunkt zu haben. Dies mag daran liegen, dass Counselor Troi als Schiffpsychologin einen starken Einfluss auf die pädagogische Ausrichtung ausübt. In der Episode Das Komet unterrichtet sie persönlich die Kinder und bringt ihnen bei, wie man aus Ton Gefühle darstellt. In der Folge Der einzige Überlebende wird gezeigt, wie die Lerngruppe gemeinsam singt. 

Auch die Gestaltung des Raums scheint pädagogisch durchdacht. Theken mit hohen Barhockern auf der einen Seite, niedrige Tische zum Hinknien auf der anderen. Während einige Schüler:innen an den Computern arbeiten, experimentieren andere spielerisch. Alles deutet auf eine inklusive Beschulung, bei der das Individuum im Zentrum steht. Allerdings ist das Lehrpersonal mit aus dem Rahmen fallenden Kindern leicht überfordert. In der o. g. Folge Der einzige Überlebende baut der traumatisierte Timothy lieber sein antikes Gebäude weiter, als die vorgelesene Geschichte schweigend zuzuhören, worauf die Kamera und die Musik das Entsetzen auf dem Gesicht der Pädagogen unterstreichen. Womöglich würde er eher am Unterricht teilnehmen, wenn die Schüler:innen mehr gefördert wären und selbst vorlesen würden. Nur so als Idee.

Gleiches gilt für Lal in der Episode Datas Nachkommen. Von ihrem Wissensstand her wurde sie zunächst bei den älteren Schüler:innen eingestuft, allerdings stellten sie dort Problemen auf der Ebene der Sozialkompetenz fest. Aus diesem Grund wurde sie zu den Kleinen, also im Kindergarten zurückgestuft. Dort schloss sie die Gruppe aus. Lal erschrecke sie, hieß es. Statt zu versuchen, sie in der Klasse zu integrieren, wird sie zu Data zurückgeschickt, der ihr einen Job als Kellnerin in Guinans Kneipe besorgt. Wenn dies kein Versagen der Schule im Umgang mit Hochbegabten ist, weiß ich auch nicht, was das ist. 


Die Schule auf Deep Space Nine


Als Miles Edward O’Brien von der Enterprise zu Deep Space Nine versetzt wird, nimmt er selbstverständlich seine Tochter Molly und seine Frau Keiko mit. Aus Langeweile - anscheinend gibt es auf der Station wenig für eine Botanikerin zu tun - beschließt sie eine Schule zu eröffnen. 

Die Intention der Autoren ist verständlich. Ähnlich der späteren Serie Firefly ist Deep Space Nine, zumindest am Anfang, vom Geist des Wilden Westen geprägt. Eine einsame militärische Einheit am Rand der Zivilisation. Odo ist der Sheriff und sorgt für Ordnung, während Quark den Saloon mit Dabo-Mädchen als sexy Tänzerinnen betreibt. In diesem Setting fügt sich das Bild der gebildeten Mutter, die eine Schule gründet, wunderbar ein. Nur im Star-Trek-Kosmos ergibt dies leider wenig Sinn. Wenn es tatsächlich ein Föderationsschulamt gibt, warum werden dort keine qualifizierten Lehrkräfte abgeordnet? Ich kann verstehen, dass nicht jede:r so abenteuerlustig wie Doktor Bashir ist, aber selbst wenn niemand auf eine Cardassianische Station am Rande der Föderation arbeiten will, kommen doch Alternativen infrage, ein PHN zu Beispiel, ein pädagogisches holografisches Notfallprogramm. Es besteht auch die Möglichkeit auf Ortslehrkräfte, zurückzugreifen. Stattdessen wird es Keiko O’Brien als Quereinsteigerin erlaubt, eine Privatschule mit altersübergreifende Lerngruppe zu gründen. Dabei ist sie sowohl Schulleiterin als auch die einzige Lehrerin. Sie unterrichtet ausschließlich Technik, Mathematik, Geschichte und Literatur. Sollte sie den Unterricht nicht erteilen können, springt ihr Mann (der Chefingenieur der Station, wohlgemerkt) als Vertretungslehrer ein.

Keikos Schule verfolgt auf jeden Fall einen traditionelleren Ansatz als die der Enterprise. Ihr Unterricht ist frontal und lehrerzentriert. Der Klassenraum besteht aus Reihen von der Tafel zugewandten Einzeltische. 


Im Zentrum des Geschehens


In der Episode Blasphemie erhalten wir einen kurzen Einblick in ihrem Unterricht. Positiv anzumerken ist, dass das Thema transparent vermittelt wird. Es ist vom Anfang an sowohl den Schüler:innen als auch den Zuschauer:innen klar, dass es in dieser Schulstunde um das Wurmloch gehen soll. Sie erinnert an die gestrige Stunde und fragt, welche Besonderheit das Wurmloch habe. Jake antwortet, dass er stabil sei. Es ist schwer zu erahnen, wie die Unterrichtsstunde verlaufen wäre, wenn Vedek Winn die Stunde nicht gesprengt und eine Religion vs. Wissenschaft-Krise ausgelöst hätte. Doch eben diese Krise hätte vermieden werden können, wenn der Unterricht neutraler und weniger lehrerzentriert wäre. Keiko tritt in ihrem Klassenzimmer als Besitzerin der einzigen Wahrheit auf und ihre Schüler:innen sollen ihr bedingungslos glauben. Warum beleuchtet sie nicht verschiedene Perspektiven, zum Beispiel indem die Kinder einen Bericht der Sternenflotte mit einer Prophezeiung der Propheten vergleichen. Auf diese Weise erkennen sie die Gemeinsamkeiten und sie bilden sich eine eigene Meinung. 

Zugegeben, Vedek Winns Durchtriebenheit ist nicht zu unterschätzen und sie hätte diese Krise so oder so ausgelöst. Es wäre jedoch von Vorteil gewesen, wenn Keiko, wenn sie schon bajoranische Kinder unterrichtet, eine zusätzliche bajoranische Lehrkraft eingestellt hätte, mit der sie sich im Hinblick auf der Unterrichtsplanung ausgetauscht hätte. Winns Angriff hätte viel weniger Gewicht gehabt, wenn die Schule sowohl Sternenflotte als auch bajoranisches Personal beschäftigt hätte.


Fazit


Die Schulen in Star Trek spielen nur eine ganz kleine Rolle, deswegen können wir die Autor:innen verzeihen, dass sie mehr auf Klischees und Vorerfahrungen zurückgreifen, als auch auf realistische pädagogische Modelle. Trotzdem hätte ich mir von einer Serie, deren Schöpfer eine dermaßen genaue Vorstellung der Zukunft hatte, mehr erhofft.

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