Demolition Man: Visionär, übertrieben oder beides?





Demolition Man ist ein Science-Fiction-Actionfilm aus dem Jahr 1993 von Marco Brambilla, mit Sylvester Stallone, Sandra Bullock und Wesley Snipes in den Hauptrollen. John Spartan ist der typische Cop der achtziger. Er agiert auf eigene Faust und die kollateralen Schaden sind ihm egal. Auf der Jagd nach dem Terroristen Simon Phoenix werden zahlreiche Unschuldige getötet, woraufhin John Spartan beschuldigt wird, fahrlässig gehandelt zu haben. Als Strafe wird er eingefroren. 2032 bricht Simon Phoenix aus dem Gefängnis aus, und der ehemalige Polizist muss in den aktiven Dienst zurück.


Wie visionär waren die kreativen Köpfe hinter dem Film? Was könnte noch zutreffen? Wobei waren sie auf dem Holzweg und wo haben sie ins Schwarze getroffen?


1. (Retro)futuristische Technik.

In einem Science-Fiction-Film spielen Computer eine wichtige Rolle. Demolition Man ist da keine Ausnahme. Viel von der gezeigten Technik ist heute schon im Einsatz. Die Beleuchtung in den Wohnungen wird per Sprachsteuerung aktiviert und die Polizisten bitten Siri um Rat, bevor sie einen gewalttätigen Terroristen festnehmen. Videotelefonie ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, allerdings hat sich bei mir noch nie ein nacktes Modell verwählt. Die Zeit der Videokonferenzen hatte der Film ebenfalls vorhergesehen, auch wenn es aus heutiger Perspektiv seltsam erscheint, dass Bill Gates Raymond Cocteau extra ins Bureau fährt, um mit zehn sich drehenden Bildschirmen zu diskutieren.


2. Eiskäfige.

Die Chancen, dass wir Kryogefängnissen noch erleben, sind extrem gering. Warum auch? Welche Vorteile würde das der Gesellschaft bringen? Wenn es darum geht, unvorstellbare Distanzen im Weltraum zu überwinden, ergibt das Einfrieren von Menschen einen Sinn, aber warum sollten Gefangene 100 Jahre in die Zukunft versetzt werden, wenn ihre Verhaltensweise ohnehin manipuliert werden kann? Worin besteht die Strafe? In einer unbekannten Welt aufzuwachen, in der jeder Familienmitglied und jeder freundschaftlichen Kontakt gestorben sind? Ziemlich grausam, oder? Dagegen kommt sogar a clockwork Orange menschlicher daher. Welcher Sadist würde auf diese Weise das Strafbuch neu verfassen? Auf jeden Fall jemand, der darauf vertraut, dass es nie wieder einen Stromausfall gibt. Schließlich wäre hier eine Unterbrechung der Kühlkette für alle Beteiligten fatal. Ist Kalifornien nicht anfällig für Erdbeben? Und welches Parlament würde diese ungeheuerliche Verschwendung von Ressourcen zustimmen? Im Kampf gegen den Klimawandel wäre sowas nicht besonders hilfreich.


3. Google Cars.

Lenina Huxley fährt ein sehr stilvolles Smart-ähnliches Elektro-Auto mit Autopilot-Funktion. Selbstfahrende Fahrzeuge kannte man 1993 ausschließlich aus Knight Rider. Heutzutage sind sie schon erfolgreich getestet worden und warten nur darauf, dass die Gesetzgeber sie erlauben. Trotzdem würde ich erwarten, dass die Windschutzscheibe aus Sicherheitsglas besteht und nicht, so wie im Film, aus einer einfachen Fensterverglasung.



4. Friede, Freude, Eierkuchen.

In Demolition Man erfolgte der letzte Mord im Jahr 2010. Seitdem ist die Welt friedlich und gewaltlos. Daher die Frage: Wofür braucht die Gesellschaft immer noch Polizeibeamter? Vor dem Ausbruch von Simon Phoenix scheinen sie nicht besonders gefördert zu sein. Lenina Huxley fragt dem Gefängnisdirektor nach dem Zustand der Eiswürfel, andere antworten am Telefon. Ansonsten sind alle angeblich mit Graffiti beschäftigt, die automatisch von den Wänden entfernt werden. Ich weiß nicht, ob das das Riesengebäude und das bezahlte Personal rechtfertigt. 


5. Dauerhaft auf Abstand?

Laut Demolition Man vermeiden die Menschen des Jahres 2032 jegliche Kontakte untereinander. Gerade dieser Aspekte ist in Anbetracht der jetzigen Corona-Pandemie erschreckend. Seid über einem Jahr verzichten wir darauf, Bekannten der Hand zu schütteln oder unsere Liebsten zu umarmen, in der Hoffnung, dass Normalität bald zurückkehrt. Doch wenn wir der Kanzlerin und die führenden Virologen glauben, wird diese Pandemie nicht die Letzte sein. Werden wir uns im Jahr 2032 an der Kontaktlosigkeit gewöhnt haben, so wie es im Film der Fall zu sein schein? Sogar intimere Kontakt sind verboten. Geschlechtsverkehr erfolgt nur noch digital. Wenn der nächste Virus sexuell übertragbar ist, kann dies auch Wirklichkeit werden.


6. Ein moralisches Sprachgebot.

Verdammt, verflixt, Scheiße, usw. Mit solcher Ausdrücke wird es dem Film zufolge in zehn Jahren Schluss sein. Verstöße gegen die verbalen Moralitätsstatuten werden mit Bußgeldern bestraft. Ist diese Vorstellung wirklich so abwegig? In Deutschland streitet sich die Gesellschaft über eine praktikable Möglichkeit, geschlechtsneutral zu kommunizieren, so dass keine:r sich bevorzugt oder benachteiligt fühlt. Sowohl im angelsächsischen Sprachraum als auch international setzen sich neue grammatikalische nicht-binäre Pronomen durch. Ein striktes Schimpfwörterverbot ist zwar nicht in Sicht, allerdings ist das Bedürfnis, jede:r in seinem Sprachgebrauch einzuschließen und die Angst, den anderen unbeabsichtigt verbal zu verletzen, heute viel präsenter als am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts.



7. Schwarzenegger for president. 

Lenina Huxley spricht von der President-Schwarzenegger-Library. In unserer Realität hat es der Terminator zwar nicht im weißen Haus geschafft, allerdings war er 2 Legislaturperioden lang Gouverneur von Kalifornien. Womöglich war die Vorstellung, dass Donald Trump das Amt bekleidet, Anfang der neunziger Jahren doch zu absurd. 



8. Vegan for future.

Die Menschen der Zukunft ernähren sich gesund. Kein Salz, Kein Fleisch, kein Alkohol, kein Koffein, keine Zigaretten… Erstaunlich, dass die einzigen noch existierenden Restaurants ausgerechnet Pizza Hut sind, aber Produktplatzierung wird es wohl immer geben. Im Jahr 2021 sind die Lobby der Fleisch- und der Tabakindustrie weiterhin sehr stark und einflussreich, dennoch wird die Bevölkerung der westlichen Welt umweltbewusster. Die Vorwürfe an der Massentierhaltung werden lauter und der Markt für biologische- und vegetarische Produkte wächst stetig. Im Jahr 2020 machte der Wursthersteller Rügenwalder Mühle mehr Umsatz mit seinen fleischlosen Alternativen als mit der traditionellen Salami. Könnte unser gesellschaftlicher Sinn für Gesundheit nach dieser schrecklichen Pandemie verschärft worden sein und wir ernähren uns in zehn Jahren tatsächlich nur noch fett-, salz- und tierlos? 


9. Frauenpower.

Leider bleibt Demolition man ein Kind seiner Zeit, was Gleichberechtigung angeht. Außer Sandra Bullock Charakters sind alle Frauen in Uniform Statistinnen im Hintergrund. In dieser Hinsicht sind wir definitiv weiter.


10. Alle guten Muscheln sind drei…

Spätestens nach der ersten Welle der Pandemie hätten wir uns nach einer Alternative zum herkömmlichen Toilettenpapier umschauen sollen. Zum Glück liefert uns Demolition Man eine simple und konkrete Lösung, inklusive Bedienungsanleitung.

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