Spock, wir alle sind Menschen. Eine rassistische Äußerung?

Am Ende von Star Trek 2 – Der Zorn des Khans setzte sich der berühmteste Vulkanier des Universums einer tödlichen Strahlung aus, um die Enterprise und ihre Mannschaft zu retten. Bei der anschließenden Trauerfeier sagte Admiral Kirk ein paar Worte über seinen langjährigen Freund. Von allen Seelen, die er auf seine Reise begegnete, sei seine die menschlichste gewesen.  Aus heutiger Sicht erscheint dieser Satz fast überheblich, sogar rassistisch. Warum sollte das Menschsein einen höheren Stellenwert als das Anderssein haben? Spock selber empfand in Star Trek VI – das unentdeckte Land, die Aussage Kirks, wir alle seien Menschen als beleidigend. 

Star Trek zeigt uns eine zukünftige menschliche Gesellschaft, die Armut, Gewalt und Krankheiten besiegt hat. Trotzdem blieb uns in ihrer 55-jährigen Geschichte einen gewissen Grad an Rassismus und Intoleranz nicht erspart. Spock wurde öfter vom Chefarzt der Enterprise auf sein grünes Blut, seine Spitzohren und seinen Mangel an Emotionen reduziert. Dennoch, wenn Kirk sagt, dass alle Menschen seien, ist dies meiner Meinung nach kein Rassismus sondern ein Ausdruck des Makrokosmos, in dem Star Trek spielt. 

Es wird oft behauptet, man möge Star Trek wegen des Erforschen der Galaxie und wegen der Friedensbotschaft, die die Serie vermittelt. Was Star Trek für mich ausmacht, ist die Tatsache, dass die Menschheit ins Unbekannte vordringt und dabei nichts außer sich selbst entdeckt. Bei der Erschaffung seines Universums zerteilte Gene Roddenberry die Menschen in ihren grundlegenden Eigenschaften und übertrug sie auf verschiedene Spezies. Logik und Vernunft für die Vulkanier, Aggressivität für die Klingonen, Durchtriebenheit und Hinterlistigkeit für die Romulaner. Später die Gier für die Ferengis und die Spiritualität für die Bajoraner. Jeder Spezies wird eine menschliche Eigenschaft zugeteilt, so dass alle Alienrassen zusammen die heutige Menschheit widerspiegeln. Dies erklärt, warum die verschiedenen Gesellschaften oft eindimensional und wenig diverse erscheinen. 

Die Föderation hingegen stellt die ideale Gesellschaft dar, die, worauf wir als Menschheit hinarbeiten sollen. Vor allem in den zwei ersten Staffel von Star Trek: The next Generation versuchte Roddenberry seine Vision des advanced human durchzusetzen. Allerdings ergaben sich dadurch Schwierigkeiten für die Autoren. Wie erzeugt man Spannung in einer Welt ohne Konflikte? Die Antwort ist einfach: Der Konflikt muss von außen kommen, von den mit menschlichen Eigenschaften ausgestatteten Außerirdischen. Es wäre jedoch falsch zu denken, dass die Menschen der Zukunft frei von Aggressivität, Gier oder Logik sind. Sie bestehen aus einer ausgeglichenen Mischung all dieser Eigenschaften und sind somit die komplexeste Spezies im Universum. 

Wenn Kirk sagt, dass Spocks Seele die Menschlichste ist, hebt er die Tiefe und die Komplexität seines Charakters hervor. Wenn er sagt, dass wir alle Menschen sind, fasst er den ganzen Makrokosmos zusammen. Unsere Realität wird vergrößert, aber nicht verändert. Der Star-Trek-Universum wird vom Menschen bevölkert. Die Menschen, so wie sie jetzt sind und die Menschen, so wie sie sein könnten.

Kommentare

  1. Interessanter Beitrag. Stecke gerade selber voll drin in Star Trek und habe mir auch verschiede Dokus angesehen und da wurde auch über die Problematik gesprochen, dass die Autoren keine Grundlage für Drama haben innerhalb der Crew und die Bedrohung daher immer von außen kommen muss. Extrem in den ersten beiden Staffeln TNG wo die Charaktere auch selber noch wenig Tiefe besitzen.

    So habe ich es aber noch nie betrachtet, dass die menschlichen Eigenschaften quasi auf die verschiedenen Alienarten verteilt wurden. Diese Erkenntnis ist eine tolle Erweiterung für meine Sicht auf Star Trek.

    Ab der dritten Staffel TNG wurden dann zudem die Charaktere mehr ausgebaut, was auch zur Spannung und Abwechslung beiträgt mMn. Dennoch laufen vielen Folgen auf eine ähnliche Prämisse hinaus, was ein gewisses Muster erkennen lässt wenn man viel Star Trek geschaut hat. Umso schöner dann wenn man überrascht wird.

    Momentan schaue ich die Filme und bin begeistert bis jetzt (außer vom ersten). Heute kommt endlich der 7 Teil dran. Bin schon mega gehyped :)

    Liebe Grüße

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    1. Danke für deinen Beitrag. Ja, ab der 3. Staffel kam Michael Piller zu TNG und Charakteren zu schreiben war definitiv seine Stärke. Ich wünsche dir viel Spaß beim Schauen der letzten Filme.

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